„Wachstumsturbo“ für die Reichen bedeutet Angriffe auf uns alle!

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Mit ihrer „Wachstumsinitiative“ will die Ampel-Regierung in Zeiten wirtschaftlicher Misere Zuversicht verbreiten. Entstehen soll sie auf dem Rücken der Arbeiter:innen.

Am Mittwoch hat die Bundesregierung ihren Haushaltsentwurf für 2025 beschlossen. Die Marschroute: Bei Bürgergeld und Sprachkursen für Migrant:innen wird gekürzt, während die deutschen Konzerne und allen voran die Rüstungsindustrie mit Finanzspritzen versorgt werden. Begleitet wird der neue Bundeshaushalt von der sogenannten „Wachstumsinitiative“, die ebenfalls am Mittwoch beschlossen wurde. Dabei handelt es sich um ein Maßnahmenpaket mit ganzen 49 Punkten, die die Regierung möglichst schnell umsetzen will. Das Paket, das Bundeskanzler Scholz als „Wachstumsturbo“ bezeichnet, entpuppt sich als ein Mix aus Konzerngeschenken und „Arbeitsanreizen“, die die Berufstätigkeit und Wochenarbeitszeit in der Bevölkerung erhöhen sollen. Egal ob Beschäftigte, Arbeitslose oder Menschen im Rentenalter – alle sollen unter dem Deckmantel vorgeblicher „Freiwilligkeit“ zu mehr Arbeit angetrieben werden.

Ein „gutes Paket“ fürs Kapital

In den Worten von Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen klingt das so: „Mit der Wachstumsinitiative haben wir ein gutes Paket geschnürt, das die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft verbessert: Wir setzen die Zeichen auf beherzten Bürokratieabbau, stärkere Arbeitsanreize, damit wir angesichts des Arbeits- und Fachkräftemangels möglichst viel Arbeitskraft mobilisieren, und auf Investitionsanreize.“ Was Habeck mit Arbeitsanreizen umschreibt, sind bei näherer Betrachtung verschiedene Angriffe auf die Lebensbedingungen der Arbeiter:innenklasse. Dennoch von einem „guten Paket“ zu sprechen, macht einmal mehr deutlich, auf welcher Seite der Grünenpolitiker steht.

Für Arbeiter:innen sieht die Initiative steuerliche Erleichterungen für Mehrarbeit vor. Zuschläge für Überstunden, die über die tarifliche Vollzeitarbeit hinausgehen, sollen künftig von Steuern und Sozialbeiträgen befreit werden. Überstunden machen aber vor allem die, bei denen der reguläre Lohn nicht ausreicht, um über die Runden zu kommen. Statt Überstunden attraktiver zu machen, wäre es doch mal eine Idee, die Leute so zu bezahlen, dass Mehrarbeit gar nicht nötig ist. Hinzu kommt, dass Teilzeitkräfte mit steuerlichen Vorteilen dazu animiert werden sollen, ihre Stundenzahl zu erhöhen. Das betrifft vor allem Frauen, die häufig in Teilzeit arbeiten, um Job und Hausarbeit unter einen Hut zu bekommen. Die Hausarbeit wird aber auch weiterhin hauptsächlich an ihnen hängen bleiben, auch wenn sie ihre Stunden erhöhen. Zwischenfazit: Wir Arbeiter:innen sollen also mehr ackern gehen.

Arbeitsanreize statt soziales Netz

Das sollen auch Arbeitslose zu spüren bekommen. Die wenigsten beziehen freiwillig Bürgergeld – vielen Empfänger:innen hat der Arbeitsmarkt schlicht wenig bis gar nichts anzubieten. Um sie dazu zu bringen, auch den letzten Drecksjob anzunehmen, will der Staat ihnen die Daumenschrauben anziehen. So sieht das Maßnahmenpaket eine massive Aushöhlung des Bürgergeldes vor: Bei einer angebotenen Vollzeitstelle sollen nun insgesamt drei Stunden Pendelweg täglich als zumutbar gelten, bei einer Teilzeitstelle zweieinhalb Stunden. Allen, die eine solche „zumutbare“ Stelle ablehnen oder eine der berüchtigten „Weiterbildungsmaßnahmen“ des Jobcenters nicht wahrnehmen, soll fortan mit einer verschärften Sanktion von 30 Prozent das Bürgergeld gekürzt werden. Dass dieses eigentlich als Existenzminimum berechnet wird, interessiert die Regierung nach wie vor wenig. Zudem soll für alle, die kurzfristig dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, eine monatliche Meldepflicht auf dem Amt eingeführt werden. Als wäre das nicht schon genug Schikane, feiern auch die Ein-Euro-Jobs ein Comeback.

Auch Menschen im Rentenalter sollen sich noch häufiger als es heute schon der Fall ist im Betrieb ausbeuten lassen, statt ihren wohlverdienten Ruhestand zu genießen. Das Arbeiten im Alter soll finanziell attraktiver gemacht werden. Unter anderem soll bei Beschäftigten im Rentenalter der Arbeitgeberbeitrag zu den Sozialabgaben gestrichen und direkt auf den Lohn aufgeschlagen werden. Was Menschen im Rentenalter tatsächlich zur Arbeit antreibt sind aber nicht die lukrativen Verdienstmöglichkeiten, sondern vielmehr die Aussicht auf eine mickrige Rente, die mit einer massiven Senkung des Lebensstandards einhergeht. Den meisten von uns steht genau das bevor. Auf das miserable Rentensystem zu reagieren, indem man Arbeitsanreize im Alter setzt, ist nicht nur eine Bankrotterklärung der Regierung, sondern auch verdammt zynisch.

Sozialabbau mit Salamitaktik

Was all diese Maßnahmen gemeinsam haben: Sie greifen durch die Hintertür unsere Lebensbedingungen an, indem finanzielle Anreize für negative Auswüchse unserer kapitalistischen Wirtschaft – Überstunden, ein späteres Renteneintrittsalter – geschaffen werden. Da die Politik sich dabei stets auf die vorgebliche „Freiwilligkeit“, diese Anreize wahrzunehmen, berufen kann, darf sie auf das Ausbleiben eines großen Aufschreis hoffen. In einem kapitalistischen System, in dem Ausbeutung, Arbeitslosigkeit und Altersarmut allgegenwärtig sind, kann von „Freiwilligkeit“ jedoch keine Rede sein.

Durch die sogenannten Arbeitsanreize, die die Wachstumsinitiative setzt, zielt die Ampel darauf ab, dass die 40-Stunden-Woche und die Rente mit 67 schleichend untergraben werden. Mehrarbeit und ein späteres Renteneintrittsalter sollen faktisch zum gesellschaftlichen Alltag werden, bevor sie in ein paar Jahren dann möglicherweise in Gesetze gegossen werden. Mit dieser Salamitaktik versucht die Regierung, den Widerstand gegen ihren Sozialabbau klein zu halten, indem sie Angriffe auf unsere Lebensbedingungen schrittweise normalisiert. Zudem soll das aufgeblähte 49-Punkte-Paket dafür sorgen, dass einzelne Maßnahmen weniger öffentliche Aufmerksamkeit erhalten. Auch enthält das Paket durchaus positive Einzelaspekte – beispielsweise soll es Bezieher:innen von Transferleistungen leichter gemacht werden, mehr zu arbeiten. Diese positiven Maßnahmen werden jedoch durch den am selben Tag beschlossenen Haushaltsentwurf, der zahlreiche soziale Einsparungen vorschreibt, faktisch verunmöglicht.

Unsere Solidarität gegen ihre Angriffe!

Die „Wachstumsinitiative“ ist noch nicht der große soziale Kahlschlag. Sie kann aber durchaus eine Rolle dabei spielen, diesen vorzubereiten. Das Maßnahmenpaket ist gespickt mit Angriffen auf die Lebensbedingungen der Arbeiter:innenklasse, die die Ampel-Koalition Schritt für Schritt durchführen will. Ähnlich verhält es sich mit dem Haushaltsentwurf für 2025. Dieser bringt neben Kürzungen zu Lasten von Arbeitslosen und Migrant:innen eine massive Aufrüstung mit sich, wird jedoch vermutlich keine Massenproteste auslösen. Beide Beschlüsse von Mittwoch sind der Versuch der Bundesregierung, sich ohne großen Aufschrei durchzumogeln und dabei einen schleichenden Sozialabbau zu betreiben.

Das lassen wir der Regierung jedoch nicht durchgehen. Wir erkennen ihre „Wachstumsinitiative“ als das, was sie ist – ein Angriff auf uns Arbeiter:innen! Dem setzen wir unsere gelebte Solidarität entgegen. Wir lassen uns nicht einlullen von dieser Regierung. Wir gehen auf die Straße gegen ihre Spar- und Aufrüstungspolitik. Wir lassen uns nicht durch billige Hetze gegen „faule“ Arbeitslose oder Teilzeitkräfte spalten. Wir sind wachsam, wenn in unserem Viertel soziale Angebote oder Einrichtungen von Kürzungen betroffen sind, und wehren uns dagegen. Unsere Solidarität gegen ihre Angriffe!

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