Vergangenen Sonntag, den 08.06., um 18 Uhr fanden wir uns bereits zum neunten Mal zu unserer monatlichen Solidarischen Runde zusammen. Wir trafen uns wie üblich im Internationalen Zentrum (Homarstraße 64 / Köln-Vingst), um über die aktuelle politische Lage zu sprechen, diese mit unseren alltäglichen Problemen zu verbinden und uns darüber auszutauschen, wie wir in Aktion treten können. Die Juni-Ausgabe der Solidarischen Runde hatte das Thema: Polizeigewalt und Stonewall. In unserem Stadtteil und auf der ganzen Schäl Sick sehen wir immer wieder, wie unverhältnismäßige Razzien passieren, und wenn wir mit unseren migrantischen Freund:innen und Nachbar:innen sprechen, können fast alle von rassistischen Kontrollen durch die Polizei berichten. Auch die Zahl der Polizeimorde nimmt in den letzten Monaten und Jahren immer weiter zu. Das bekannteste Beispiel ist der Fall von Lorenz A., der von einem Polizisten durch einen Kopfschuss von hinten ermordet wurde.
Auch unsere LGBTI+-Geschwister erfahren Gewalt durch Faschist:innen und die Polizei. Und die Regierung macht ihnen die erkämpften Reformen, wie beispielsweise das „Selbstbestimmungsgesetz“, immer weiter strittig. In unserem Input und auch in der darauf folgenden Diskussion haben wir uns mit den Aufständen Ende der 60er Jahre im Stonewall Inn auseinandergesetzt. Diese Kämpfe haben uns verdeutlicht, dass wir für unsere Rechte als Arbeiter:innen, egal ob Migrant:innen oder LGBTI+, selbst einstehen müssen. Wir haben uns auch angeschaut, auf wessen Seite die Polizei steht und welche Interessen sie vertritt. Angeregt durch den Input sind wir im Gespräch zu dem Schluss gekommen, dass die Polizei letztendlich immer die Interessen der Herrschenden, also der Kapitalist:innen, vertritt. Wir als Arbeiter:innen können uns also weder auf den Staat noch auf die Polizei verlassen. Wir haben auch über die rechte Unterwanderung der Polizei gesprochen. Ob rechte Chatgruppen, Polizist:innen, die Munition klauen und sammeln, die hohe Zahl an AfD-Mitglieder:innen in der Polizei oder eben rassistisch motivierte Polizeimorde.
Als Letztes stellten wir uns die Frage, ob man die Polizei reformieren könnte oder sie Stück für Stück abrüsten könnte. Zum einen fiel uns auf, dass der Trend gerade in ganz Deutschland eher in Richtung Aufrüstung geht, auch bei der Polizei. Und zum anderen waren wir uns einig, dass eine Bitte nach einer Polizeireform kaum Wirkung haben dürfte. Der Staat ist auf die Polizei angewiesen und wird seine Macht nicht kampflos aus den Händen geben.
Im Anschluss an die Diskussion aßen wir noch gemeinsam Chili sin Carne und ließen den Abend gemeinsam ausklingen. Wir wollen es aber nicht nur bei diesem schönen Gesprächsabend belassen, sondern auch in Aktion treten. Deshalb haben wir diesen Monat noch einige Termine, an denen wir unseren Kampf in die Tradition der Stonewall-Aufstände stellen wollen:
– Mi, 18.06., 20 Uhr, Ehrenfeld in „Zur Goldenen Nacht“ – Kneipenabend zu Stonewall in Ehrenfeld
– Do, 26.06., 18 Uhr, im Internationalen Zentrum (Homarstraße 64) – Stonewall-Filmabend
– Sa, 28.06., 17 Uhr, Kalk-Post – Revolutionäre Stonewall-Demo
Weder die Freiheit der LGBTI+-Personen noch der gesamten Arbeiter:innen wird uns geschenkt. Unsere Freiheit müssen wir uns selbst erkämpfen! Das geht nicht allein, deshalb komm vorbei und werdet Teil des Solidaritätsnetzwerks Köln!

Hier teilen wir wie gewohnt noch unseren Input der Solidarischen Runde:
Erstmal herzlich Willkommen bei der Solidarischen Runde. Ich möchte euch einen groben Überblick verschaffen, weshalb wir in der Solidarischen Runde diesen Monat über die Polizeigewalt und den Stonewall-Kampftag sprechen. Dabei will ich auch schon einige Fragen anregen, über die wir im Anschluss gemeinsam diskutieren können.
Wer ist die Polizei und wessen Interessen vertritt sie?
Die Polizei gehört zur Exekutive der BRD. Das heißt, sie ist die ausführende Kraft und setzt die Gesetzeslage, die durch die Regierung und die Verfassung vorgegeben sind, durch. Die Polizei handelt also im Auftrag und Interesse des deutschen Staats. Wie wir in unserem Alltag sehen können, liegen oft Welten zwischen den Interessen des Staates und unseren Interessen als Arbeiter:innen. Der Staat ist nicht für alle da, ansonsten sähe Deutschland und seine Politik deutlich anders aus.
Ein Beispiel dafür ist die Aufrüstung in Deutschland, für die hunderte Milliarden an Steuergeldern ausgegeben werden, während unsere Klasse länger arbeiten soll und bei wichtigen sozialen Einrichtungen gekürzt wird. Während die deutsche Wirtschaft darauf ausgerichtet werden soll, die Bundeswehr hochzurüsten, werden Jugendliche darauf vorbereitet, bald wieder eingezogen und an die Front geschickt zu werden. Dabei gibt es in den internationalen Konflikten, in denen die Bundeswehr mitmischen soll, nichts zu gewinnen für die Arbeiter:innenklasse. Wir werden so oder so ausgebeutet und unterdrückt, egal wie der deutsche Staat sich international behaupten kann.
Ein zweites Beispiel ist das Interesse unserer LGBTI+-Geschwister, die körperliche und sexuelle Selbstbestimmung fordern. Der deutsche Staat verwehrt ihnen dieses Recht allerdings. Denn der Staat ist darauf angewiesen, dass die Wirtschaft gut läuft, und die Wirtschaft läuft nur gut, wenn wir Arbeiter:innen immer stärker ausgebeutet werden. Deshalb hat der Staat ein Interesse an der bürgerlichen Kleinfamilie (Mutter, Vater, Kind), denn dieses Familienmodell hat sich seit dem Bestehen des Kapitalismus bewährt, da es die Hausarbeit zum großen Teil auf die Frauen auslagert, die diese Arbeit unbezahlt verrichten. Das perfekte System also, damit die Wirtschaft den Mann in der Fabrik oder im Büro ausbeuten kann und die Frau zusätzlich unbezahlt die Kinder erzieht, putzt, kocht usw. Dass heute viele Frauen in Deutschland auch noch einen Job haben, zumindest in Teilzeit, ändert daran wenig. Hausarbeit wird trotzdem unbezahlt verrichtet, und trotzdem bleibt sie in den meisten Haushalten an den Frauen hängen. In diesen patriarchalen Unterdrückungsmechanismus, der so unverzichtbar für die Kapitalist:innenklasse ist, haben LGBTI+-Personen keinen Platz, weil sie das Konzept der klassischen Kernfamilie sprengen. Es ist eben nur Platz für die vordefinierten Rollen heterosexueller Männer oder Frauen.
Das waren nur zwei Beispiele, weshalb der Staat in letzter Konsequenz nicht in unserem Interesse handelt. Später können wir darüber sprechen, ob euch noch weitere Beispiele einfallen.
Wir sehen schon: Der Staat handelt nicht in unserem Interesse, sondern in dem der herrschenden Klasse, der Kapitalist:innen. Und da die Polizei der BRD unterstellt ist, handelt auch sie nicht im Interesse von uns Arbeiter:innen. Natürlich retten Polizist:innen auch mal ein Kätzchen vom Baum oder stellen ihre Taten in sozialen Medien immer in einem sehr positiven Licht dar. Aber sie prügeln uns aus unseren Häusern, wenn wir unsere Miete nicht mehr bezahlen können, und sie schützen Faschist:innen und prügeln auf fortschrittliche Demonstrant:innen ein, die sich den Faschos in den Weg stellen. Falls aber ein CSD auf Grund einer „abstrakten Bedrohungslage“ durch Faschist:innen bedroht wird, sorgen sie dafür, dass der CSD nicht stattfindet, anstatt diesen zu schützen – wie es in Gelsenkirchen dieses Jahr passiert ist.
Später können wir uns austauschen, was für Erfahrungen ihr mit der Polizei gesammelt habt.
Die Polizei bricht aber nicht nur Nasen (wie in Berlin) oder pfeffert uns auf dem Heimweg von einer Demo in der Bahn (wie in Leipzig), die Polizei tötet auch – und das in letzter Zeit immer häufiger.
Wieso mordet die Polizei? Welche Fälle gab es in der Vergangenheit?
Mouhamed Lamine Dramé wurde 2022 in Dortmund erschossen, Adel B. 2019 in Essen oder Bilel G. in Herford 2023 – allein 2024 wurden 22 Menschen in Deutschland durch die Polizei ermordet. So viele wie seit 1983 nicht mehr! Vor allem häufen sich Morde an Menschen in einem „psychischen Ausnahmezustand“. Wie zum Beispiel bei Najib B. in Dortmund, ein 70-jähriger Mann, der „randaliert“ haben soll und deswegen erschossen wurde (siehe Perspektive Artikel).
Bis jetzt wurden 11 Menschen in Deutschland 2025 durch die Polizei ermordet (Stand: 10. Mai). Die Polizei ist weder Freund noch Helfer, die Polizeimorde sind keine Einzelfälle von ein paar schwarzen Schafen. Die Polizei ist der bewaffnete Arm des Staates und setzt dessen Stoßrichtung notfalls auch mit Gewalt durch. Die Gewalt fängt schon viel früher als bei Morden an. Rassistische Kontrollen, Razzien und offene Gewalt auf der Straße sind gerade in Vierteln auf der Schäl Sick Teil des Alltags – auch weil die Viertel hier eher migrantisch geprägt sind.
Letztendlich möchte der Staat die Solidarität unter uns Arbeiter:innen brechen. Sie wollen durch den Rassismus, den sie streuen, unsere Klasse spalten! Denn wenn die Polizei wirklich Verbrecher:innen jagen wollte, dann würde sie die Razzien in Banken und nicht in Büttchen machen!
Auch hier erkennen wir: Der Staat und damit auch ihre Schergen, die Polizei, handeln im Interesse der Kapitalist:innenklasse!
Was war Stonewall? Welche Rolle hatte die Polizei?
Jetzt will ich noch ein paar Worte zu Stonewall sagen, denn in ein paar Wochen gehen wir als SoliNetz dafür ja auch auf die Straße. Doch was ist eigentlich genau passiert?
Vor knapp 56 Jahren, in der Nacht vom 27. auf den 28. Juni 1969, wehrten sich LGBTI+-Personen im Stonewall Inn, einer Bar in New York, gegen eine Razzia der Polizei. Diese Angriffe auf die LGBTI+-Szene und der Widerstand dagegen waren keineswegs etwas Neues. Die Stonewall-Aufstände stellen trotzdem einen Wendepunkt in der Geschichte des Widerstandes von proletarischen LGBTI+-Personen dar. Sie brachte eine neue Bewegung mit Dutzenden Organisationen hervor, die sich international verbreitete.
Wir als Solidaritätsnetzwerk und alle Organisationen der FKO erinnern auch heute noch an diesen politischen Kampftag und tragen die Kämpfe unserer LGBTI+-Geschwister am 28.06. in Kalk auf die Straße.
Diese Kämpfe haben in der Vergangenheit einige Erfolge errungen. Zugeständnisse wie die Entkriminalisierung der Homosexualität, die „Ehe für Alle“ und in den letzten Jahren auch das sogenannte „Selbstbestimmungsgesetz“ für trans Personen in Deutschland wurden erkämpft. Uns muss außerdem immer klar sein, dass diese Reformen uns einfach wieder weggenommen werden können, wenn zum Beispiel die Wirtschaft den Bach runtergeht und der Staat wieder härtere Bandagen anlegt. Unsere Antwort muss also über Forderungen nach Reformen hinausgehen. Häufig werden solche Reformen dann innerhalb der Bundesregierung Stück für Stück so entkernt, dass sie dem Kapital nicht schaden.
Wir müssen unsere Kämpfe für bessere Lebensbedingungen der LGBTI+-Personen mit einem Kampf für ein besseres System verbinden. Diese Alternative ist der Sozialismus. Denn erst wenn wir nach unseren Bedürfnissen produzieren und niemand mehr den Profiten hinterherjagt, dann gibt es kein ökonomisches Interesse mehr, LGBTI+-Personen zu unterdrücken.
Schluss
Wir sehen also, dass die Teile unserer Klasse, die dem Staat ein Dorn im Auge sind, da sie nicht in sein engmaschiges Raster passen und sich nicht widerstandslos ausbeuten lassen, permanent durch den verlängerten Arm des Staates, der Polizei, harte Repressionen erfahren.
Und auch wenn die Polizei mal ihr freundliches Gesicht zeigt, so tut sie es nur solange wir Arbeiter:innen dem Staat nicht gefährlich werden. Sobald wir an den Grundpfeilern dieses maroden Systems rütteln, zeigt die Polizei ihr wahres Gesicht. Dann streift der Staat seine Quartzhandschuhe über und schreckt nicht einmal vor Mord zurück!