Gedanken eines Mitglieds des Solidaritäts-Netzwerks

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Liebe KollegInnen und liebe MitstreiterInnen,

am Montag, den 2. März werde ich meinen Prozess vor dem Amtsgericht Duisburg haben. Wie ihr mitbekommen habt wird mir „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ vorgeworfen. Aus diesem Anlass möchte ich gerne ein paar persönliche Gedanken mit euch teilen.

Am 10. Februar 2018 beteiligte ich mich an einer Kundgebung, die sich gegen den Einmarsch des Türkischen Militärs in Efrîn (Nord-Syrien) richtete. Gegen Ende der Kundgebung strafte die Polizei dann wahllos mehrere TeilnehmerInnen für die Anteilnahme ab. Unter anderem mich.

Hiermit möchte ich meine grundlegenden Gedanken zu dem Vorgehen der Polizei schildern und kurz auf einige Erfahrungen eingehen.

Wie ihr vielleicht mitbekommt, kennt der deutsche Staat, unter anderem sein Organ, der Verfassungsschutz keine Pausen, wenn es um Repressionen gegenüber der kurdischen Bewegung geht. Kurdische Vereine sind betroffen von Durchsuchungen, ihre Fahnen, Bilder, Bücher und Demonstrationen verboten, oder auf halber Strecke aufgelöst. Erinnert ihr euch noch an die Tausend mit Messern bewaffneten kurdischen Jugendlichen in Köln vor denen die Polizei vor zwei Jahren warnte? Wenn nicht, kein Wunder. Es war gelogen und ein Mittel um erneut zu spalten und Angst zu verbreiten.

Der imperialistische Deutsche Staat unternimmt alles, damit die Konflikte aus anderen Ländern nicht hier auf den Straßen ausgetragen werden. Das allein ist ein Widerspruch, denn der deutsche Staat ist selbst beteiligt an vielen internationalen Konflikten. Beispielsweise durch Waffenexporte und die Unterstützung verschiedener Regime. Er vertritt und schützt seine eigenen Interessen, beispielsweise durch den Flüchtlingsdeal mit Erdogan.

Es ist nicht das erste mal, dass ich vor Gericht gezerrt werde. Am 09.01.2019 hatte ich bereits einen anderen Prozess. Dort wurde mir „Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte“ vorgeworfen. Ich beteiligte mich an einer antifaschistischen Kundgebung gegen den Aufmarsch von Rechten, zu der die „Patrioten NRW“ aufgerufen hatten. Obwohl die Rechten mit Begleitschutz der Polizei zu ihrem Zug geleitet wurden nachdem ihre Kundgebung offiziell beendet war, griff die Polizei unsere Gegenkundgebung an.

Erst versuchten sie einen schwarzen Kollegen neben mir, von uns zu wegzureißen und dann schlugen sie mich, als ich ihn festhielt. Augenscheinlich waren wir zwei die einzigen MigrantInnen in einem Umkreis von 20 Metern. Das Gefühl was die Polizei insbesondere in uns Zweien hervorrufen wollte ist, dass wir als MigrantInnen keinen Anspruch haben dürfen, uns gegen Rassismus zur Wehr zu setzen.
Sind das „Vorurteile“ gegenüber Polizisten? Ich denke nicht. In meinem Leben habe ich schon sehr viele rassistische Polizisten gesehen und mitbekommen. Mir kann niemand erzählen, dass ich mir das einbilden würde. Der NSU, die Kreuz-Netzwerke, die Offenbarungen der hessische Polizei – die Drohungen gegen Seda Basay-Yildiz usw. usf., bestätigen mein Bild. Der Rassismus ist tief verwurzelt und der Staat profitiert davon.

Ich möchte auf das „Gefühl“ zurück kommen, welches die Polizei in uns hervorrufen wollte. Meiner Meinung nach hätte der Staat das bei mir schon längst geschafft, wenn ich die Funktion des Staatsapparats nicht verstanden hätte. Wenn ich nicht verstanden hätte was meine besondere Rolle als Migrant ausmacht und warum ich in dieser Gesellschaft nicht gleichgestellt bin.
Nicht zuletzt habe ich mich organisiert um meine Situation zu verbessern, in dem ich beispielsweise im Stadtteil die Spaltung zwischen den ArbeiterInnen Tag für Tag bekämpfe. Das wichtigste für Erfolg ist neben meinem persönlichem Antrieb allerdings eine Organisation, welche alle notwendigen Aufgaben innerhalb unser Klasse erkennt und ihrem Anspruch gerecht wird.
Indem ich mit dem Solidaritätsnetzwerk für eine Gesellschaft jenseits von Spaltungen innerhalb unserer Klasse arbeite und als Alternative lebendige Solidarität vorleben und entwickeln möchte!

Schließt euch dem Kampf an! – Und natürlich freue ich mich über solidarische Begleitung am:

Montag, 02.03.2020, 11:00 Uhr,
1. Etage, Sitzungssaal 149 , König-Heinrich-Platz 1, 47051 Duisburg

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