Am 1. Mai, dem Tag der ArbeiterInnenklasse, sind wir als Solidaritätsnetzwerk in allen Städten, in denen wir aktiv sind, in Aktion getreten. Hier veröffentlichen wir die Berichte, die wir aus den einzelnen Städten erhalten haben.
Berlin
„Die Häuser denen, die sie brauchen!“ war eine Parole, die am 30.04. auf der antikapitalistischen Demo „Widerständig und solidarisch im Alltag – Organize!“ gerufen wurde. Die Demo am Vorabend des ersten Mais findet seit 2012 im Wedding statt, einem jener Stadtteile Berlins, in welchem die AnwohnerInnen besonders von Verdrängung durch Gentrifizierung betroffen sind. Doch nicht nur gegen den zunehmenden Bau von luxuriösen Eigentumswohnungen müssen wir Widerstand leisten, auch die zunehmende Ausbau von Überwachungsmaßnahmen muss bekämpft werden! So wurde im vergangenen Jahr wurde für 60000 Euro eine mobile Videoüberwachung im sogenannten Gefahrengebiet um den Leopoldplatz platziert. Als Ursache für steigende Mieten, Zwangsräumungen, Überwachung und Rassismus wurde der Kapitalismus benannt. Soziale Probleme sind Ausdruck der massiven Ungleichverteilung von Gütern sowie der Profitgier von Großunternehmen.
Über 3000 Menschen gingen deshalb am Montag auf die Straße, um sich kämpferisch und solidarisch zu zeigen. Sogar Familien und Kindern schlossen sich der Demonstration mit einem eigenen Block an. Als Solidaritätsnetzwerk unterstützen wir die Demonstration und sagen: “Sozialwohnungen statt Luxusbauten, Widerstand gegen staatliche Überwachung, Kampf dem Rassismus!“
Auch am 1. Mai selbst haben wir uns gemeinsam mit einigen Freunden an der DGB-Demonstration beteiligt.
Cottbus
In Cottbus hatte die AfD am 1. Mai zu einer landesweiten Veranstaltung mobilisiert. Um nicht zu zulassen, dass die AfD den 1. Mai ohne Gegenwehr vereinnahmen kann, hat sich das Solidaritätsnetzwerk Cottbus entschlossen, dieses Jahr erstmals ein eigenes Fest im Stadtteil Sandow am 1. Mai zu organisieren. Unsere Veranstaltung stand unter dem Motto “1. Mai Tag der Solidarität – für ein anderes Cottbus”. Unserem Aufruf, den 1. Mai nicht nur in der Wohnung als freien Tag zu genießen, sondern ihn wieder als Tag der Arbeiterinnen und Arbeiter aufleben zu lassen, waren etwa 50 Personen gefolgt. Unter den Festbesuchern waren MigrantInnen, Nachbarn und bereits politisierte AktivistInnen aus Cottbus.
Neben einem Kinderprogramm, Volleyball, Grill und Getränken bestand unser Programm aus drei Teilen. Zu Anfang beschäftigten sich zwei Referenten mit der Vergangenheit von Cottbus, insbesondere mit den ökonomischen Prozessen in Ostdeutschland seit 1989. Danach hörten wir fünf Erfahrungsberichte: Von einem geflüchteten Migranten aus Syrien über den alltäglichen Rassismus, von einem Auszubildenden im Einzelhandel, von einer Altenpflegerin, von einer Rentnerin und von einem Arbeitslosen. Die Beiträge sollten das Spektrum verschiedener Teile der ArbeiterInnenklasse abdecken, für die das Solidaritätsnetzwerk eintritt.
Die junge Altenpflegerin beschrieb ihren Arbeitsalltag dabei wie folgt: “Ab dem 2. Lehrjahr wurde ich wie eine ausgelernte Fachkraft behandelt und eingesetzt. Das bedeutet, dass ich oftmals zwei bis drei Etagen alleine anleiten musste. Was das für eine Belastung und Drucksituation ist, kann man sich nur schwer vorstellen. Natürlich wurde ich auch genau so für Fehler belangt, die anderen unterlaufen waren, während ich sie formal anleiten sollte.”
Bei unserer Abschlussdiskussion unter dem Motto „In welchem Cottbus wollen wir leben?“ stießen einige Nachbarn dazu. Ein Nachbar berichtete, dass er 15 Jahre lang als Leiharbeiter unter anderem in München ausgebeutet worden war und somit jede Woche fünf Tage hunderte Kilometer von seiner Heimat entfernt verbringen musste. Eine ehemalige Lehrerin beschloss unsere Diskussion mit ihrem Aufruf „Heute geht es darum, Farbe zu bekennen. Ich tue das, in dem ich zu dieser Veranstaltung hier komme. Alle links denkenden Menschen müssen zusammen kommen, um viel mehr zu werden.“
Düsseldorf
In Düsseldorf beteiligte sich das Solidaritätsnetwerk an einem klassenkämpferischen Block der DGB-Demonstration. Für unser kämpferisches Auftreten gab es viel Zuspruch vom Rand der Demonstration. In unseren Parolen behandelten wir Arbeitskämpfe, steigende Mieten, den kurdischen Befreiungskampf, Antimilitarismus und Antifaschismus.
Freiburg
Als Solidaritätsnetzwerk haben wir uns am 1. Mai am antikapitalistischen Block auf der Gewerkschaftsdemo beteiligt. Mit Fahnen und einem Banner machten wir uns sichtbar für PassantInnen. Die bestimmenden Themen in diesem Jahr waren Gentrifizierung und Lohndumping und der Befreiungskampf in der Türkei und Kurdistan. Nach der Demo führten wir an unserem Infostand auf dem DGB-Fest interessante Gespräche. Anschließend waren wir bei dem selbstorganisierten Straßenfest im Sedanviertel präsent und verteilten Flyer zu uns und unserer Arbeit.
Doch in Zukunft wird das Solidaritätsnetzwerk Freiburg nicht nur bei linken Demonstrationen und Feierlichkeiten auf sich aufmerksam machen – sondern überall dort, wo unsere FreundInnen, NachbarInnen und ArbeitskollegInnen ausgebeutet und unterdrückt werden. Wir freuen uns auf weitere Infostände, Flyeraktionen und Gespräche.
Köln
Das Solidaritätsnetzwerk Köln hat sich am 30. April an einer antikapitalistischen Vorabenddemonstration unter dem Motto „Unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen“ beteiligt.
Getreu dem Motto sind wir nicht einfach nur mit der Demonstration mitgelaufen, sondern haben die Vorbereitungsarbeit im wahrsten Sinne des Wortes selbst in die Hand genommen, in dem wir zum Beispiel im Vorbereitungskomitee saßen und uns einige Male zusammen mit anderen engagierten Helfern zum Flyern verabredeten. Die Demonstration selbst begann um 18 Uhr mit einer Kundgebung, die wir mit einer Rede zum Thema „Hohe Mieten“ eröffneten. In der Rede stellten wir vor allem raus, dass ein Dach über dem Kopf zu haben selbstverständlich sein sollte und uns nicht fast ein Drittel unseres Einkommens kosten darf. Im Anschluss daran meldete sich auch eine der Bewohnerinnen der Stegerwaldsiedlung zu Wort, mit der wir momentan gemeinsam gegen die Gentrifizierung ihres Stadtteils vorgehen und berichtete über ihre eigene Situation. Ihre Rede fand unglaublich großen Anklang in der versammelten Menge, da sich viele mit ihren alltäglichen Probleme identifizieren konnten und sich darüber freuten, dass sich Leute zusammen finden um sich solidarisch zu wehren. Nach Ende der ersten Kundgebung liefen wir dann gemeinsam mit den anderen rund 150 Teilnehmern die Route entlang, die genau durch unsere Schwerpunkt Stadtteile Mühlheim, Buchforst und Kalk verlief. Die Leute, die uns auf diesem Weg begegneten oder auf uns aufmerksam wurden waren meist sehr interessiert und zustimmend. Schließlich endete die lautstarke kämpferische Gruppe an Demonstranten auf dem Marktplatz in Kalk, um sich dort noch ein Mal für eine letzte Endkundgebung zusammen zu finden. Alles in allem ist uns während der Reden und auch während der Demonstration viel Zuspruch entgegengekommen, was wieder ein Mal bewusst gemacht hat, dass alle Menschen der ArbeiterInnenklasse im Endeffekt diesselben Probleme teilen und wir diese deshalb auch immer gemeinsam bekämpfen müssen und werden. Sehr erfreut waren wir auch, dass einige Anwohner unserem Aufruf folgten rote Fahnen aus den Fenster zuhängen falls sie sich selber nicht an der Demonstration beteiligen können.