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Bereits seit über 40 Jahren besteht in Berlin Lichtenberg die Linse als Jugendclub und Kulturzentrum. Vor allem kreative Angebote und Konzertveranstaltungen machen die Linse zu einem wichtigen Anlaufpunkt in der Nachbarschaft. Bereits 2012 sprachen sich Anwohner:innen, Aktivist:innen und Nutzer:innen vergeblich gegen die Übernahme der Linse durch den kirchlichen Träger Sozialdiakonische Jugendarbeit e.v. (SozDia) aus. Die Linse als ein ehemals besetztes und links-alternativ bespieltes Jugendzentrum verlor seit der Übernahme bereits einiges von seinem Charakter eines kulturellen Freiraums. Die SozDia zerschlug die erarbeiteten Konzepte von Ehrenamtlichen, Mitarbeitenden und Jugendlichen und auch die offene Jugendarbeit wurde eingestellt. Die Jugendlichen und Ehrenamtlichen veröffentlichten hierzu 2013 eine Stellungnahme.

Am 30.03.23 machte der Träger SozDia nun öffentlich, dass die Linse sowie weiter Jugendklub „Phönix“, auch in Lichtenberg, und „Das Horn“ in Treptow-Köpenick Ende des Jahre geschlossen werden. Angesichts der absolut schlechten Versorgungssituation von Jugendangeboten in der Stadt ist das ein Skandal.

Die Verdrängung der Jugend aus dem öffentlichen Raum ist im Kapitalismus gewollt. Viele soziale Bewegungen werden maßgeblich durch junge Menschen angestoßen und geführt, sie sind der Regierung deshalb besonders ein Dorn im Auge. Jugendliche werden vereinzelt und in die Tatenlosigkeit gedrängt. Genau das erkennen wir an der Schließung der Linse: Die Linse ist ein wichtiger Treffpunkt in Lichtenberg, der der Vereinzelung der Jugend im Stadtteil entgegenwirkt und Raum für Austausch und Gemeinschaft schafft. 2013 wurden mit der Übernahme durch die SozDia bereits die Möglichkeiten der Jugend eingeschränkt, ihre Freizeit selbstbestimmt zu gestalten. 10 Jahre später wird dieser Raum komplett genommen.

Die Linse ist auch heute noch trotz Einschränkungen ein wichtiger kultureller und sozialer Ort. So trifft sich dort das Solidaritätsnetzwerk, um Anwohner:innen zusammenzubringen und politisch aktiv zu werden. Außerdem haben kleine Bands dort die Möglichkeit zu proben oder aufzutreten. Es gibt regelmäßig offene Jam Sessions und Konzerte für Nachbar:innen und andere Interessierte. Die Schließung der Linse wäre ein herber Schlag für die Nutzer:innen der Linse, die Nachbarschaft in Lichtenberg.

Jugendhilfe am Kollaps
Den Abbau von Jugendhilfemaßnahmen und offenen Jugendfreizeitangeboten kritisieren Beschäftigte im sozialen Bereich bereits seit langem. Die soziale Arbeit wird kaputt gespart, Betroffene alleine gelassen, und die Arbeitsbedingungen werden immer schlechter. Für Jugendliche in Berlin gibt es kaum zugängliche Freizeit- und Bildungsangebote: “Nach Angaben der Jugendreferentin vom Paritätischen Wohlfahrtsverband in Berlin sind nur 55 Prozent des durch den Landesjugendförderplan ermittelten Bedarfs gedeckt.” In existierenden Einrichtungen scheitern viele Projekte an Personalmangel, laut einer Erhebung des IW Köln sind Sozialpädagog:innen die Berufsgruppe mit dem größten Fachkräftemangel. Der dauerhafte Personalmangel führt auch bei den Mitarbeitenden zu erheblichen psychischen Belastungen und noch schlechteren Arbeitsbedingungen. Wir haben in einem Interview mit Koleg:innen von Berliner Jugendämtern gesprochen, welche den Personalmangel vor allem auf die hohe Arbeitsdichte und die schlechte Bezahlung zurückführen.

Als Föderation klassenkämpferischer Organisationen solidarisieren wir uns mit den Jugendlichen, der Nachbarschaft und den Beschäftigten, die alle von der Schließung der Jugendclubs betroffen sind. Wir stellen uns gegen die Vereinzelung der Jugend in unserer Stadt. Wir lassen uns wichtige soziale und kulturelle Räume in unseren Stadtteilen nicht nehmen, denn wir wollen eine solidarische Nachbarschaft, die im Austausch miteinander ist. Wir stellen uns gegen die immer stärkere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für Sozialarbeiter:innen. Deshalb fordern wir: Die Linse muss bleiben!

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