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30 Jahre liegt der Mauerfall nun zurück. Politiker, Medien und Geschichtslehrer bemühen sich aus diesem Ereignis einen Nationalmythos zu stricken: Ein Volk, das sich selbst befreit hat.
Heute müssen wir aber feststellen, dass es sich dabei für viele, viele Menschen um eben das handelt: Nicht mehr als einen Mythos.
Über die versprochenen blühenden Landschaften wird im Osten Deutschlands heute nur noch zynisch gesprochen. Sowohl ökonomisch als auch politisch sind die Arbeiterinnen und Arbeiter gespalten, nicht nur, aber auch entlang der alten Grenzlinie zwischen DDR und BRD.
Die Folgen des von der Treuhandgesellschaft geleiteten Ausverkaufs zeichnen Ostdeutschland bis heute stark. Große Teile dieser Region sind industriell nach wie vor stark unterentwickelt. Das Lohnniveau im Osten wird auch auf Jahrzehnte hin noch weit hinter dem Durchschnitt im Westen zurückbleiben – auch wenn betont werden muss, dass es auch im Westen Regionen und Städte gibt, die im gleichen oder sogar noch größeren Maße von Deindustralisierung, Arbeits- und Perspektivlosigkeit geplagt sind.
Auch wenn der Mauerfall und alles was danach kam, nicht gebracht hat, was er versprochen hat und wozu er verklärt wird; müssen wir feststellen, es gibt auch Ansatzpunkte für eine wirkliche Einheit.
Es sind nun seit dreißig Jahren die gleichen Parteien in Ost und West, die vorgeben für unser Wohlergehen zu sorgen, in Wirklichkeit jedoch allein den Interessen der Unternehmer dienen. Es sind auch seit der Abwicklung großer Teile der Ost-Wirtschaft, die gleichen großen Konzerne die uns ausbeuten, ob wir direkt bei ihnen beschäftigt sind, als LeiharbeiterInnen an sie ausgeliehen werden oder z.B. Woche für Woche aus Görlitz nach München auf Montage fahren müssen.
Betrachten wir die Entwicklungen nach dem Mauerfall rückblickend, sehen wir, dass er uns weder im Osten noch im Westen gutes gebracht hat. Profitiert haben vor allem westdeutsche Konzerne, die mit Ostdeutschland ihren Markt ganz erheblich vergrößern konnten. Es wird aber spätestens jetzt Zeit, allen gedanklichen Mauern, die uns trennen, endlich einzureißen – egal ob wir aus Köln, Dresden oder Damaskus kommen. Stattdessen müssen wir endlich eine klare gedankliche Mauer errichten: Einerseits zwischen uns ArbeiterInnen und andererseits den Unternehmern, die Tag für Tag unsere Arbeitskraft ausbeuten, den Politikern, die sich bemühen ihnen dabei ein mehr oder weniger menschliches und demokratisches Gesicht zu verleihen und den Faschisten, die sich im Untergrund organisieren und den offenen Terror gegen uns immer selbstsicherer ausüben.
Nicht wo wir geboren wurden, sondern welcher Klasse wir angehören, muss die Grundlage für unsere Gedanken, Gefühle und unsere politischen Kämpfe werden!